Sie ist der einzige hochseetaugliche Konzertsaal Hamburgs – die “MS Stubnitz“, ein ehemaliges Kühlschiff der DDR-Fischfangflotte Baujahr 1964. Am Liegeplatz in der neuen HafenCity finden Konzerte statt von Hardcorepunk über Industrial und Electronic bis „Jazzed Metal“ sowie Kunst- und Tanz-Performances – immer abseits vom Mainstream. Das genre-fluide, kosmopolitische Programm wurde bereits viermal ausgezeichnet mit dem „Applaus“-Bundespreis für kulturell herausragendes Live-Musikprogramm. Seit 2014 ist sie fester Bestandteil der Hamburger Club- und Kulturszene. Ob Queer oder Sargträger, Event-Managerin oder Punk - HamburgerInnen vielfältigster Herkunft und Besucher aus aller Welt finden bei Events an Bord oder unter Deck ihre kulturelle Nische.
Im ehemaligen Laderaum, in dem früher frischgefangene Heringe gekühlt wurden, finden bis zu 400 Konzertbesucher Platz – z.B. beim Höhepunkt dieser Saison, dem Solidaritäts-Konzert von „Die Sterne“. Sänger Frank Spilker und die Heroen der „Hamburger Schule“ spenden einen Großteil ihrer Einnahmen für den aufwändigen Schiffs-„TÜV“, den die ehrenamtlichen Helfer vom gemeinnützigen Trägerverein des Clubschiffs in diesem Jahr wuppen müssen.
Ihr „Baby“, die „MS Stubnitz“ wird mit 522.000 Euro Fördermitteln von Bund und Stadt Hamburg auf der Werft in Stralsund aufwendig instandgesetzt. Allerdings muss der Verein 111.000 Euro an Eigenmitteln selbst auftreiben – „Rücklagen gab es nie und wird es wohl auch nie geben“ so Vorstandmitglied Stefan, der für das Kulturprogramm verantwortlich ist.
Schiffbauer Martin, den an Bord alle nur „Salli“ nennen, ist ebenfalls Vorstandsmitglied und leitet die Instandsetzung. Er kümmert sich darum, dass am Liegeplatz nahe der Freihafen-Elbbrücke schon vor der Werftzeit möglichst viel „mit Bordmitteln“ erledigt wird: etwa 20 freiwillige Helfer entrosten, malen und reparieren tagsüber, während im ehemaligen Fisch-Kühlraum schon der Soundcheck für das Abendprogramm läuft. Denn jeder Tag ohne Konzert, Kulturveranstaltung oder Clubabend an Bord ist ein Tag ohne Einnahmen. „Flicke“, Frank, „Plexe“, Felix und die anderen Ehrenamtler eint das ehrenamtliche Engagement für bunte, kosmopolitische Alternativ-Kultur und: die Liebe zum schwimmenden Industriedenkmal.
Was ihnen allen Sorge bereitet: ob die „MS Stubnitz“ in Hamburg auch dauerhaft einen Liegeplatz bekommt oder Opfer der Gentrifizierung wird. Seit zehn Jahre ist das Clubschiff Heimat für alternatives Kultur-Programm mit Acts aus aller Welt. Lärmbeschwerden von später hinzugezogenen Anwohnern sorgten dafür, dass das 80 m lange Clubschiff vor einem Jahr umziehen musste. An der Interims-Adresse ganz am östlichen Ende des Kirchenpauerkais können sie erstmal nur bis Ende 2026 liegen – die Bebauung der neuen Vorzeige-Promenade rückt immer näher - geht die Odyssee der „Stubnitz“ weiter? Autor: Mario Göhring